Auf ein Gespräch mit Helmut Hoping

Mit dem Ausklang des Wintersemesters verabschiedet die theologische Fakultät ihren Professor für Dogmatik und Liturgiewissenschaft Helmut Hoping. Nach 25 Jahren Unibetrieb in Freiburg und vorheriger Lehre & Forschung in Tübingen, Washington und Luzern geht Prof. Hoping in den Ruhestand. Wir haben uns mit ihm zusammengesetzt und einen Blick auf seine akademische Laufbahn und den Lehrbetrieb geworfen. Außerdem haben wir gefragt: Herr Hoping, gibt es ein Hobby, dem sie fortan wieder mehr Zeit widmen?...

Redaktion Zwoelf57: Herr Hoping, Sie haben in Münster studiert. Aber nicht nur Theologie, sondern auch Philosophie und Pädagogik. Welche Relevanz haben ihre anderen beiden Fächer für Sie und was hat Sie dann dazu gebracht, bei der Theologie zu bleiben?

Helmut Hoping:  Dass ich neben Theologie auch noch Philosophie und Pädagogik studiert habe, hatte vordergründig biografische Gründe. Ich studierte zunächst Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Franziskaner und Kapuziner in Münster, mit der Option, Ordenspriester zu werden. Das Grundstudium bestand vor allem aus Philosophievorlesungen und Einleitungsveranstaltungen zur biblischen Theologie. Mehr und mehr zeigte ich neben der Theologie auch Interesse an der Philosophie. Doch den Wunsch Priester zu werden, musste ich wegen des Zölibats aufgeben. Nach der Heirat mit meiner Jugendfreundin studierte ich an der Universität Münster zusätzlich Philosophie und Pädagogik auf Lehramt.

Redaktion Zwoelf57: Sie wurden dann zwar nicht Priester, dafür aber zum ständigen Diakon geweiht. Was bedeutet dieses Amt für Sie?

Helmut Hoping:  Neben der Arbeit an meiner Dissertation in Tübingen hatte ich einige Predigten in einer homiletischen Fachzeitschrift veröffentlich, was Peter Hünermann zum Anlass nahm, mich zu fragen, ob ich mir vorstellen könnte, Diakon zu werden. Nach einer Beratschlagung mit mir und meiner Frau meldete ich mich bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart und wurde 1995 in Friedrichshafen zum Diakon geweiht. Doch schon gut ein Jahr später ging ich an die Universität Luzern. Dort war ich als Diakon vor allem liturgisch und im Predigtdienst tätig. Nach dem Wechsel an die Universität Freiburg im Jahr 2000  habe ich mich im Erzbistum Freiburg inkardinieren lassen. In St. Michael in Freiburg-Haslach feiere ich regelmäßig Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionspendung in zwei Seniorenresidenzen, taufe viele Kinder und ab und zu assistiere ich bei der Eheschließung. Bis zum Sommer letzten Jahres war ich auch als Diakon im Freiburger Münster bei Kapitels- und Pontifikalämtern tätig. Nach einer Reihe von Konflikten mit der Diözesanleitung habe ich diesen Dienst aufgegeben.

Redaktion Zwoelf57: Eben haben Sie schon ihren Wechsel von der Professur in Luzern nach Freiburg angesprochen – als Sie in Freiburg anfingen, hatten Sie nicht nur einen Lehrstuhl für Dogmatik, sondern einen Lehrstuhl für Dogmatik und Liturgiewissenschaft. Inwiefern war das für Sie eine herausfordernde Erweiterung ihres Arbeitsbereichs?

Helmut Hoping:  Eberhard Schockenhoff, den ich von der gemeinsamen Assistentenzeit in Tübingen kannte, hatte mich gebeten, mich auf die neue Professur für Dogmatik und Liturgiewissenschaft in Freiburg zu bewerben. Für mich war der Wechsel nach Freiburg ein Glücksfall, konnte ich in meiner Arbeit doch Dogma und Liturgie, die historisch untrennbar zusammengehören, miteinander verbinden. Gott sei Dank hatte ich für die Liturgiewissenschaft sehr gute Unterstützung durch promovierte Liturgiewissenschaftler, zunächst durch Birgit Jeggle-Merz, die später Professorin in Chur und Luzern wurde, danach durch Stephan Wahle, der inzwischen Professor für Liturgiewissenschaft in Paderborn ist. Übrigens hat Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. die Verbindung von Dogmatik und Liturgiewissenschaft mir gegenüber immer wieder als sehr wichtig für die systematische Theologie bezeichnet, in verschiedenen Gesprächen und zuletzt in einem Brief anlässlich des Erscheinens meines Eucharistiebuches (2011).

Redaktion Zwoelf57: Sie haben jetzt 25 Jahre Erfahrung als Professor dieses Lehrstuhls. Wenn Sie noch mal an ihren Start an der Universität Freiburg im Jahr 2000 zurückdenken, welchen Ratschlag würden Sie sich geben?

Helmut Hoping: Ich würde heute einiges anders machen. Ich gehöre zu einer Generation, die in der Phase der Dissertation und Habilitation keine hochschuldidaktische Ausbildung erfahren hat, so etwas gab es damals noch nicht. Heute muss ja jeder, der auf eine Theologieprofessur berufen wird, eine hochschuldidaktische Weiterbildung nachweisen. In meiner Zeit galt das Prinzip learning by doing, man wurde ins kalte Wasser „Vorlesung“ geworfen. Mit der Zeit aber änderte sich das Format der Vorlesung, die heute nicht mehr so frontal wie früher ist, sondern interaktiver und mit medialer Unterstützung.

Redaktion Zwoelf57: Sie haben im Sommersemester 2024 zusammen mit Prof. Striet, Prof. Buchleitner (Physik) und Dr. Huber ein interdisziplinäres Seminar zum Gespräch zwischen Physik und Theologie angeboten, ein Thema, das Sie in ihrer Abschiedsvorlesung am 23. Januar aufgegriffen haben. Wann kam bei Ihnen das Interesse an der Physik und wo sehen Sie die Relevanz für die Theologie?

Helmut Hoping:  Das Interesse an der Physik kam nicht in der Schule, sondern als ich an die Universität Freiburg wechselte und hier fast 25  Jahre regelmäßig Vorlesungen zur Schöpfungslehre hielt. Da kommt man nicht umhin, sich mit dem Weltbild der modernen Physik, aber auch mit der Evolutionstheorie intensiver zu beschäftigen. Zum Weltbild der modernen Physik gab es auch sehr gute populärwissenschaftliche Bücher.

Redaktion Zwoelf57: Wichtige Themen in ihrer Abschiedsvorlesung waren ja auch das Bewusstsein und der Zeitbegriff. Können Sie noch einmal erklären, inwiefern das einen Bezug zur Theologie hat? 

Helmut Hoping: Beim inneren Zeitbewusstsein und der Perspektive der ersten Person Singular (Subjektivität, Ich-Bewusstsein) zeigt sich, dass nicht nur materielle Dinge bzw. Phänomene existieren. Es gibt nicht nur die physikalische Zeit des Chronos, sondern ebenso die erlebte Zeit, die eine schwer zu verstehende Tiefe gegenüber der chronologischen Zeit hat, etwa wenn wir ein Klavierstück spielen oder beim Hören einer großen Sinfonie. Ich würde sagen, dass unser Bewusstsein und seine Zeitlichkeit ein Tor zur Transzendenz und einem möglichen Gott sind. Wenn Physiker meinen, aus der Physik folge der Agnostizismus oder gar der Atheismus, so scheint mir das wenig überzeugend. Ich würde ganz im Gegenteil sagen: Die moderne Physik und das, was wir über das Universum und seine Größe wissen, spricht nicht gegen Gott, sondern durchaus für seine Existenz. Gleiches gilt, so meine ich, für die Evolution des Lebens und seine ungeheure Vielfalt.

Redaktion Zwoelf57: Haben Sie in ihrer Zeit als Professor hier in Freiburg auch etwas von den Studierenden lernen können? 

Ich würde sagen, die Studierenden haben mich als Universitätslehrer besser gemacht, nicht nur in meiner Vorlesung zur Schöpfungslehre, in der immer wieder der ein oder andere Studierende aus der Physik und Biologie saß, sondern auch in den Christologie- und Eucharistievorlesungen, aus denen zwei meiner großen Monographien erwachsen sind.

Redaktion Zwoelf57:  Sie verlassen jetzt die theologische Fakultät. Was lassen Sie gerne im Unibetrieb zurück? Und was wird Ihnen fehlen?

Helmut Hoping. Was mir nicht fehlen wird, sind die ausufernde Universitätsbürokratie und lange Gremiensitzungen. Was ich mir behalten werde, ist die wissenschaftliche Arbeit als Theologe, die ich immer als eine Art Berufung gesehen habe. Ich konnte eine meiner Leidenschaften zum Beruf machen, was gibt es Schöneres.

Redaktion Zwoelf57: Und ganz zum Schluss mit Blick auf den Ruhestand: Gibt es ein Hobby, dem Sie jetzt mehr Zeit widmen werden?

Helmut Hoping: Ja, ich werde jetzt wieder mehr Klavier spielen. Ich habe schon mit fünf Jahren Klavierunterricht erhalten, später auch noch Unterricht an der Orgel, wo ich es aber nicht so weit gebracht habe wie mit dem Klavier. Mich interessieren auch musikwissenschaftliche Fragen. Vielleicht werde ich als Pensionär Vorlesungen zur abendländischen Musikgeschichte besuchen. Ich habe auch noch zwei, drei Buchprojekte, die ich abschließen bzw. realisieren möchte. Schließlich will ich mit meiner Frau europäische Hauptstädte besuchen, die wir noch nicht kennen.

Redaktion Zwoelf57: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hoping. Wir wünschen Ihnen Alles Gute!

Helmut Hoping

1976–1982 Studium der Theologie, Philosophie und Pädagogik in Münster; 1989 Promotiom zum Dr. theol. an der Universität Tübingen; 1991-1992 Forschungsaufenthalt an der Catholic University of America in Washington D.C.; 1995 Habilitation an der Universität Tübingen; 1995 Weihe zum Diakon; 1996–2000 Professor für Dogmatik an der Universität Luzern; seit 2000 Professor für Dogmatik und Liturgiewissenschaft an der Universität Freiburg; 2004 Visiting Professor am Boston College (März-April); 2004–2008 Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg; 2004-2008 und 2019–2023 Mitglied des Senats der Universität Freiburg; 2006–2014 Berater der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz; 2016–2017 Studiendekan; 2022–2023 Prodekan; seit 2021 Berater der Bischöflichen Kommission für Wissenschaft und Kultur der Deutschen Bischofskonferenz; April 2025 Emeritierung.

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